Das Werk entstand für die Ausstellung „Konzept Heimat“ in Zusammenarbeit mit dem Heimatpflegeverband Südtirol
vom 7. September (SKB ARTES) und 13. September (Granaio Nomi) bis 25. Oktober 2024
Der lebensgroße “Kokon” ist Teil der dreiteiligen “Heimat-Serie”. Die gesamte Serie wird bei der Ausstellung gezeigt.
1/3 Kokon | Ein bewohnbarer, meditativer Rückzugsort
2/3 Südtiroler Klischee-Kabinett | Eine plastische Identitätskonfrontation
3/3 Heimat finden in mir | Eine performativ-lyrische Ent-Wicklung
Für die Jubiläumsausstellung „Konzept Heimat“ anlässlich 75 Jahre Heimatpflegeverband Südtirol mit dem Südtiroler Künstlerbund und dem Granaio di Nomi vom 7.9.-25.10.2024 u.a. in der Galerie artes in Bozen, entsteht ein lebensgroßer Kokon.
Dieser Kokon entspringt dem Wunsch einen Rückzugsort zu erschaffen, in dem ich mich geboren und mir nahe fühlen und mich noch mehr spüren kann als in meinen eigenen vier Wänden. Der Kokon soll wie eine zweite Haut, eine Aura für mich, ein sicherer Raum sein, in dem ich ich sein darf. Ich baue ihn mit Materialien aus den Wiesen und Wäldern meiner Kindheit. Und ich verbaue alles, was für mich eine emotionale Bedeutung hat und mir Sicherheit, Nähe und Geborgenheit vermittelt. Mein Kokon ist wie eine große, lange, zärtliche, nährende Umarmung. Und er ist eine Einladung. An Dich. Dich hinein zu legen, dich zu spüren, deiner wahren Natur näher zu kommen, in dem du den Naturgeräuschen lauschst, die ich in den Wäldern aufgenommen habe, woher die Hölzer des Kokons stammen. Die Musik wird dich wiegen und meine Stimme wird dir den energetischen Raum halten, dich zu öffnen und mit deinem Fühlen in Kontakt zu kommen.
Der Kokon ist Sinnbild für das erneute Entfachen der Verbindung zur Natur im Außen und unserer Natur im Inneren. Er ist im Wald entstanden und in meinem Garten und ich habe in ihm übernachtet. Genau an der Stelle im Wald in Kaltern, an der vor. eines von vier großen Speicherbecken für die Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen entstehen soll. Diese Becken nehmen nicht nur der heimischen Flora und Fauna ihren Lebensraum, sondern schränken auch für uns Menschen den natürlichen Erholungsraum im Wald ein, in dem artifizielle Seen von immensem Ausmaß errichtet werden. 14 m hohe Wände sollen aus dem Wald ragen, wie einen Schiffsdampfer stelle ich mir das vor. Ich verstehe, dass die Bauern zum bestellen der Felder Wasserressourcen benötigen. Jedoch gibt es auch nachhaltigere Möglichkeiten dies zu bewerkstelligen ohne gesunden Wald zu roden. Mir geht es darum, das Bewusstsein dafür zu entfalten, dass sich jeder selbst die Frage stellt, was ist mein Heimatraum, mein Rückzugsort, wie kann ich mich in mir sicher fühlen? Was brauche ich dazu? Und was kann unsere Natur dazu beitragen um uns unserer menschlichen Natur wieder näher zu bringen? Kurzum es geht um Verbindung und darum, in Kontakt zu bleiben. Mit sich, der Natur un seinen Mitmenschen. Respektvoll und friedlich. Der Wald als Lebensgemeinschaft ist ein Geflecht von unterschiedlichsten Symbiosen zwischen den Bewohnern der Fauna und Flora des Waldes. Wir Menschen sind oft so von der Natur abgeschritten weil wir durch unseren modernen Lebensstil all zu oft von unserer eigenen Natur abgetrennt sind. Dieser Kokon lädt ein, sich mit essentiellen Fragen des Seins zu beschäftigen. Allem voran aber, bietet er eine Einladung ihn zu bewohnen, darin zu liegen. Für so lange wie man möchte. Das einhüllende Nest soll wie eine herzliche Umarmung wirken. Sich hinein legen, sich einmummeln, zu sich kommen, sich fühlen, sich mit seiner wahren Natur auseinander setzen… In einer Audiocollage mit Naturgeräuschen aus den Südtiroler Wäldern, einer Soundcollage vom Musiker Jan Moling und einer kurzen geführten Meditation in Form eines Gedichtes von mir, nehme ich die Besucher des Kokons mit, eingehüllt in einen heilenden Raum für persönlichen Prozess und Transformation, indem sie sich selbst näher kommen können. Material Haselnuss, Weide, Efeu, Heu, Rosenblätter, Lärchenzweige, Farn, Wilde Rebe, Hopfenspitzen, Flechte, Moos, Schilf, Schafswolle, Leinen, Naturkautschuk, Garn, Perlen, Bindedraht, Garze, Erde, Jutenetz, Blut, Speichel, Lichterkette, Kopfhörer Audio: Natugeräusche, Soundcollage mit gesprochener Meditation Nach der Ausstellung kann der Kokon für einen begrenzten Zeitraum gemietet werden um im öffentlichen Raum oder in der Natur den Menschen wieder einen ursprünglichen Zugang zu sich und essentiellen Fragen des Seins zu gewähren um mit sich in Kontakt zu kommen. Preise auf Anfrage.
Ein Region umfassendes Ausstellungsprojekt rund um den ambivalenten Begriff Heimat in Zusammenarbeit zwischen dem Heimatpflegeverband Südtirol, dem Südtiroler Künstlerbund und dem Granaio in Nomi, anlässlich des 75. Jubiläum des Heimatpflegeverbandes Südtirol.
Früh in der Kindheit verwurzelt, begleitet die Heimat Menschen ein Leben lang, prägt Identitäten und ganze Familien. Sie ist entweder vertraut oder verloren, wirkt als utopisches Konstrukt, das zugleich eine real anmutende Gefühlslage vermittelt.
Das deutsche Wort Heimat ist ins Italienische – sowie in andere Sprachen – nur schwer übersetzbar. Kaum ein Begriff ist so stark von Emotionen geprägt und zugleich so tief von Unschärfe durchzogen. In einer sich permanent verändernden Welt, die mit einem Verlust sozialer Bindungen einhergeht, erscheint die Pflege von Tradition und Heimat als Gegenentwurf zur schnellen, digitalisierten Moderne. Heimat wird einerseits als arkadischer Rückzugsort erlebt, der zur Selbstreflexion anregt. Andererseits zeigen die Geschichte und die aktuelle politische Lage, wie dieses Ideal instrumentalisiert und zu Ausgrenzung bis hin zu Gewalt und Krieg führen kann.
Unter fundamental veränderten Lebensbedingungen erfährt der Begriff Heimat, zwischen der realen und digitalen Welt, zusehends neue Bedeutungen. In Bezug auf die Migrationswellen stellt Heimat eine komplexe Schnittstelle dar, die Fragen nach Zugehörigkeit, kultureller Verwurzelung und Anpassungsfähigkeit aufwirft. Menschen, die ihre Heimat verlassen und in neuen Umgebungen leben, suchen nach Wegen, ihre Identität im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu definieren.
Hinzu kommt der Einfluss des Klimawandels, der nicht nur physische, sondern auch emotionale Veränderungen mit sich bringt. Solastalgie – das Gefühl des Heimwehs, ohne die Heimat verlassen zu haben, ausgelöst durch Umweltveränderungen in der eigenen Umgebung, breitet sich aus.
In dieser umfassenden Ausstellung, über die Standorte SKB ARTES, dem Freigelände des NOI Techpark und dem Granaio di Nomi verteilt, spüren 25 Künstlerinnen und Künstler aus der Region in ihren unterschiedlichen Ausdrucksmitteln und auf inhaltlich verschiedenen Ebenen dem Begriff Heimat nach. Sie brechen den Begriff auf und untersuchen welche Dimensionen das vielschichtige Konzept Heimat kulturell, geografisch, sozial, politisch und emotional aktuell und in Zukunft umfassen kann.
Teilnehmende Künstler*innen: Leonhard Angerer, Walter Blaas, Italo Bressan, Susanne Burchia, Stefano Cagol, Hannes Egger, Ulrich Egger, Karolina Gacke, Werner Gasser, Elisabeth Hölzl, Elias Jocher, Wil-ma Kammerer, Kira Kessler, Angelo Demitri Morandini, Manuel Oberkalmsteiner, Elisabeth Oberrauch, Laura Pan, Lissy Pernthaler, Christian Piffrader, Leonora Prugger, Paula Prugger, Sylvie Riant, Ariel Trettel, Gustav Willeit, Andreas Zingerle
Kurator*innen: Eleonora Klauser Soldá, Lisa Trockner. Co-Kuratoren Remo Forchini und Valentine Kostner.
Die Ausstellung eröffnet am Samstag, den 7. September um 17 Uhr in SKB ARTES in Bozen und am Freitag, den 13. September um 18:30 Uhr im Granaio in Nomi. Die Ausstellung läuft bis zum 25. Oktober. Die Außeninstallation im NOI Techpark ist ebenfalls bis zum 25. Oktober kostenlos zugänglich.
Die Künstlerin ruft am letzten “langen Donnerstag” in Kaltern, am 29.08.2024 dazu auf, am Entstehungsprozess des Kokons mitzuwirken und aus naturfarbener Wolle und Garn Fleckchen zu stricken bzw. zu häkeln, die die Künstlerin dann vor Ort in den Kokon einbauen wird.
Er steht sinnbildlich für einen sicheren Rückzugsort, an dem sich der Mensch in seiner Natur entfalten kann. Es geht ums Fühlen sich spüren und darum, mit seinem Innersten in Kontakt zu kommen um heraus zu finden: „Was brauche ich. Was ist meine Heimat, welchen „Schutzraum“ brauche ich, um mich sicher, wohl und geborgen zu fühlen?“
Der Kokon ist ein Work in Progress und wird am 7.9. bei der Ausstellung in Bozen präsentiert, nachdem er auch eine Zeit lang im Wald verortet wird. Nämlich dort, wo auf dem Kalterer Gemeindegebiet im Wald große Speicherbecken für die Landwirtschaft entstehen sollen und wichtigen Waldlebensraum für Flora, Fauna und Mensch genommen wird. Lissy Pernthaler wird dann auch im Wald eine Nacht im Kokon verbringen um ein stilles Zeichen zu setzen für den Wald, für die Kontemplation über seine eigenen Grenzen, Gefühle und Bedürfnisse im Bezug auf Heimatraum.
Weiter Infos auf: www.instagram.com/lissypernthaler
Fotocredit Titelbild: Othmar Seehauser 2024